1998 Gedichte Tod
Ich sehe... | Der Tod des Tyrannen | Die ewig kalte Nacht

Prolog (2000)

Was stolz war und schön
das, was wir gewesen
verschlangen die Fluten
und es ward nichts mehr

Wir konnten sehen
das, was wir gewesen
und nach langem Vermuten
da blieb uns nichts mehr

Die letzte Instanz, der wir nun gehen
entgegen, mit lockerem Schritt, wir verwesen
er holt sie alle, die Bösen, die Guten
bis wir endlich wissen: für uns kommt nichts mehr
 

Ich sehe...

Ich sehe den Sand
er rieselt
Zeit vergeht
Vergehe auch ich
 

Der Tod des Tyrannen

Statt in duestrer Nacht zu kauern,
statt im Hinterhalt zu lauern,
sitz ich hinter dicken Mauern,
gefangen von des Haeschers Hand.

Und weithin das ganze Land
beendet sein Bedauern
und zeigt sich nun schon wutentbrannt,
ob seines dunklen Herrschers Tod.

Meine Haende, sie sind rot,
befleckt vom Morde am Tyrannen,
der Unglueck brachte uns und Schand,
des Zorn nie lebend Menschen gingn von dannen.

Sie begannen,
ihn zu hassen
und so beschlossen sie,
von meiner Hand
toeten ihn zu lassen.
Oh traut ihnen ich doch nie.

Nun ist der dunkle Koenig
tot, und selbst ich, der sie gerettet,
zaehle nun zu wenig,
ich gehoer zur ewgen Ruh gebettet.

So heisst es im Mund
der undankbaren Massen,
zu dieser Stund
begann ich etwas zu wissen.

Nie hatt das Volk verdient
einen besseren, der es leitet
der ihm dient
und ihm Freude bereitet.

Denn so verschlagen,
hat es mich betrogen,
nicht nur um meinen Lohn
sondern um mein Leben ists geschehn
und auf den ungeheilgten Thron
liess sich nun ein Neuer tragen,
um das dumme Volk zu plagen.

Doch ich werde das nie sehn.
Schnell rauscht des Henkers Beil hinunter,
und waehrend meine Bein noch stehn
schlaegt er mir den Kopf herunter.

Er kullert ein wenig
und bleibt dort liegen,
vor den Fuessen des neuen Koenig,
der dem Volke
die duestre Herkunft seiner Macht verschwiegen.
 

Die ewig kalte Nacht

Schwarz kam die Nacht herbeigeflogen
und breitete ihre gewaltigen Schwingen
aus Kaelte und Finsternis
ueber dem schlafgefangnen Lande aus

Das Leben hat uns oft betrogen
und mag es auch gar seltsam klingen
das einzige, was sicher ist
ist Sensenmann im dunkelfilzenen Gewande

Die Duesternis ist mir gewogen
die finstre Kraehe beginnt mir nun zu singen
ihr Lied, das hab ich schon vermisst,
als ich die nahend Nacht erkannte

Die Kraft, sie waechst, ich werd verwegen
der Saft der Nacht scheint in mich zu dringen
draussen ist es grau und trist
Dorthin will ich, der Nachtverwandte

Und auf meinen dunklen Wegen
werd ich beschuetzt vom unheilgen Segen
von Stock zu Stein, von Burg zu Zinnen
der gierig Schlund der duestren Stund wird mich verschlingen
Mein Koerper jauchzt, wie hat er das vermisst
wie er das Bad geniesst
in dunkler Nacht zur Geisterstunde
und wer ihn sah, der raunte
aus jenem wohlverstandnen Grunde,
weil er mich, den TOD, erkannte.