1999 Gedichte Tod
Die Zeit flieht | Zeit zu Sterben | Melmoth | Vorbei | Freund Schmerz | 'Ohne' | Die Verdammten | Gottes Tod | Verfall | Trauerverharren

Prolog (2000)

Dem geöffneten Sarg
noch entstiegen
dem Tod noch entgegen
gelacht

Dem geschlossenen Grab
noch entflohen
dem Tod eine Nase
gemacht

Doch auf einmal, da lag
ich verloren
und Tod auf dem Wege
vor mir

Und um mich kein Tag
nur Mohren
der Nacht und versperrt
war der Pfad
wo ich glaubte
fliehen
zu können
 
 

Die Zeit flieht

Staub
in tausend Teilen
scheint zu eilen
durch den Tag

Laub
und tausend Blätter
schönes Wetter
das ich mag

Warum
muss ich so eilen
kann nicht verweilen
wie ich mag?

Zeit
unbegrenzt begrenzt
das Leben stirbt
der Tod, er naht
 
 

Zeit zu Sterben

Wenn die Kugel fliegt
und Du siehst
sie ist klein,
schnell und gemein
und Du fliehst
weil Du glaubst, das Gute siegt
dann hast Du eines
nicht erkannt
das Leben ist nichts feines
nun bist Du vor ihm weggerannt
dem Tode wie dem Leben
Dir ein neues zu geben
hast Du Dir nicht verdient
nur, wer dem Tod
ins offne Auge spuckt
hat mit dem Leben sich versöhnt
und wird dereinst alles rot
so hat Deinen ersten...letzten Blick
das Jenseits verschluckt
und Dich hat man dorthin geschickt
in ein Gefühl von Ewigkeit
das bleibt.
 

Melmoth

Keine Liebe, keinen Schmerz
keine Freude, auch kein Herz

Gegangen bin ich tausend Wege
tausende Menschen hab gesehn
kein Gefühl sich in mir rege
ich verbleibe, sie vergehn

Liebe ist Lust
und Trug ist Mittel
löschend den Durst
unt' schwarzem Kittel
verstecke ich Gestalt, Gesicht
niemand sah mich, wird mich sehn
scheue die Helligkeit, das Licht
werd immer nur im Schatten stehn

Dunkelwesen, nie besiegt
davongestohlen hab ich mich
niemand hat mich je gekriegt
Du bist Hase, Habicht ich

Lautlos durch verlassne Gassen
schreite ich mit schnellem Schritt
keine Spuren hinterlassen
Schlange, jeder Hand entglitt

Kalte Finger, kalte Seele
in den Augen flackernd Gier
wen zum Opfer ich erwähle
leidet mich, Vergnügen mir

Verderben klebt mir an den Füssen
gottlos ist mein ganzes Sein
eines werd ich niemals müssen
einen andren Menschen freun

Liebe nehmen und nie geben
ich saug mich voll wie ein Vampir
Herzblut hängt an dicken Reben
Trauben gehören alle mir

Teuflischer Engel flügellos
ich bin da, wenn man mich braucht
ein einzges Mal, dann bist mich los
dahin wie nebelvoller Rauch

Verlassen Du, der mir vertraut
und ich wandre lächelnd weiter
hast Dein Haus auf Sand gebaut
Du hörst kein aber, hörst kein leider

Längst schon ist der Wandrer fort
niemals mehr wirst ihn erblicken
er wandert schon zum nächsten Ort
um nur sich selber zu beglücken.
 

Vorbei

Er schaut auf mich herab
der bleiche Mond
ein fahles, silberumschwebtes
Auge des Himmels

Einst schaut er auf mein Grab
der bleiche Mond
ein kahles, moosumlebtes
Seelenbett

Sticht mir der Tag das Glück heraus
sticht mich des Nachts mein Leben tot
was ich auch sag, bald ist es aus
färbt sich der Morgenhimmel rot

Reich mir die Hand, Du Totentanz
Du Tänzer traurig auf Gebein
bin ich Dein, so bin ich's ganz
kann nie mehr jemand anders' sein

Und Leben rinnt durch meine Hand
ein kleines Rinnsal hier und dort
die Zeit in einer Uhr aus Sand
sie läuft und läuft, nun läuft sie fort

So schnell komm ich nicht hinterher
ich stolpre einsam durch die Nacht
ich falle in ein kaltes Meer
aus grauem, kaltem Ton gemacht

Die Sonne scheint, sie bäckt mich ein
gefangen bin ich nun, gefasst
mein Auge weint, will nicht mehr sein
ich brauche endlich eine Rast

Doch nicht gefangen und allein
nun, wenn ihr mich nur leben lasst
will ich verzeihn
sich selbst am meisten fast gehasst

Geblieben ist nichts
in jener Leere
die die Zeit beherrscht
als Schwere
und eine ungeheure Last.
 

Freund Schmerz

Sonnenstrahlen
Lärm, Geräusche
graue Stadt

Lebend verfahlen
verhärmte Seuche
alles satt

Welten erkahlen
triste Reiche
bleich und matt

In schalem
kaltem Bereiche
der nichts hat

Freude verloren
Herz verkauft
Seele gestohlen
von Gier getauft

Sinnesleere
mich zu holen
mich nicht wehre

Wo das Herz
vor Abscheu
verstummt

Nur Schmerz
bleibt treu
wenn das Ende -
nicht die Wende -
kommt.
 

'Ohne'

Und mein Geist ruht,
verschlingend Schwärze,
nicht Trauer, nicht Wut,
kein Gefühl im Herze -
kein Herzeblut

Das Aug geschlossen
sieht nicht die Wunder
von Gleichgültigkeit verdrossen
niemals munter
keine Tränen vergossen

Der Mund schweigt
kein Wort weicht aus ihm
wer einsam bleibt
findet keinen Sinn,
in dem, was Leben so treibt

Die Ohren gehörlos,
ignorieren Geräusche
auch wortlos gross
wie selbst man sich täusche
die Welt sprachlos

Leere Seele
keine Liebe für mich
was ich Dir erzähle
ist nicht für Dich
s'gibt niemand,
den ich erwähle
für mein kaltes Herz
nicht einmal Dich.
 

'Die Verdammten'

Umfliesst in düster-dunkler Nacht
mich der Strom der Finsternis
ist's als ob Azrael hätt gelacht
und irgendwo entsteht ein Riss
ein Stich, dem Herzen zugebracht

Was trägt die Krähe dort im Schnabel?
Ist es der zarten Vöglein Brut?
Zuckend gespiesst wie auf der Gabel
War es Hunger, war es Wut?
Durchstochen ist der Kindlein Nabel

Vom Himmel fallen kalte Tropfen
echte Tränen wären heiss
auch Gottesmitleid kann verstopfen
da er über uns ja weiss
der leidend' Welt abscheulich Kropfen

Wo ist des Nächsten Liebe hin?
Vor langer Zeit ist sie vergangen
hat es noch den kleinsten Sinn
die Erlösung zu erlangen
wenn ich dann - alleine bin?
 

'Gottes Tod'

Siehst Du ihn?
den dünnen Wurm
spiralengleich gewunden?
er schraubt sich in die Erde

Wo geht er hin?
in unterirdisch Turm-
gewölben im Verlies gefunden
wo der Mensch Kadaver werde

Gerinn!
in kaltem Sturm
du Blut des niemals mehr Gesunden
und bilde wabernd schwärend Herde

Beginn!
es ticken nun die Uhr'n
kannst Du rechtzeitig erkunden
wie schwarzer Tod Dich nicht versehre?

So nimm!
Dein Leben, Du seist nun geborn
zum Sterben, Krähen ziehen ihre Runden
denn wen schert der Leichen Ehre?

Erkenn!
der Tod ist Dir geschworn
an Verderben, Sterblichkeit gebunden
dass einst die Fäulnis Deinen Leib verzehre

In jenen stinkend Pfuhl gesunken
in einsam kaltem Grab verlorn
allein Verlust ist Dein Gewinn
steckt Deine Seele nun, getrunken
in Gottes toter Kehle drin.
 

Verfall

Durch mein Bewusstsein
meinen Kopf
brüllt der Schmerz
und zerschneidet die Realität
in Schweigen
und Tod

Ein spitzer Stein
in meinem Kopf
dringt bis ins Herz
wo ganz alleine steht
mein eigen
Herzeblut

Körper schwach
Geist zehrt
von vergangner Zeit
einstmals wach
nun nur noch verehrt
bis in die Ewigkeit

Ein Treiben
in Schweigen
Geist verstummt

Ein Leiden
auf Steigen
folgt Fallen, verdummt

Vom Zahn
der ewig beisst
wie ein Orkan
ein Sturm aus Eis

Er friert mich langsam
schneller ein
so werd' ich um so
schneller sein
gefroren, tot, erstickt
der nie mehr ins Licht
der Sonne blickt
niemals nicht
gefangen im Eise
des Schweigens
und verdammt
bis die Zeit zerbricht
 

Trauerverharren

Grauer Stein
geflossen einst
klebrig und zäh
nun fest
wälzt sich seinen Weg

Monotone Reihn
Gossen scheint's
erledigtes Weh
gepresst
schmelzt Freude, Mensch leb

Verzeihn?
nun weint's
in den See
verlässt
uns über schwankend Steg

Und niemand weiss,
wohin sie geh'
Seele - der Preis
gescheh!

Tod der kommt uns holen
überraschend, ungeplant
fester Schuh, doch leise Sohlen
Weg zu Dir gebahnt

Nun vorbei für immer
nie mehr gefangen
in der Traurigkeit
des Lebens